Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 27 - Tschechische Republik (Tschechien) Teil 5

6.3. Insolvenzlösung

6.3.1. Konkurs (§ 244 ff. TIG)

Der Konkurs ist der einfachste Weg zur Lösung der Insolvenz. Das Vermögen des Schuldners wird verwertet und der Ertrag nach den Regeln an die Gläubiger verteilt. Im Grunde handelt es sich um einen sogenannten Liquidationsweg, wobei das Vermögen möglichst schnell verkauft wird.

Mit der Erklärung des Konkurses gehen alle Rechte des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten oder darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 246 TIG).
Die Insolvenzmasse kann laut § 286 TIG in folgender Weise verwertet werden:

  • in der öffentlichen Versteigerung
  • mittels eines Verkaufs der Mobilien und der Immobilien nach den Regelungen der tschechischen Zivilprozessordnung mittels eines Verkaufs außerhalb der Versteigerung.

Einerseits trifft den Schuldner eine Informationspflicht (die Abgabe der Liste des gesamten Vermögens und aller Verbindlichkeiten); andererseits hat er das Recht, die Forderungen zu bestreiten (das Gesetz fordert vom Schuldner die Unterstützung des Insolvenzverfahrens). Falls der Schuldner die angemeldete Forderung als unbegründet erachtet, kann er diese Forderung bestreiten.
Nach Verwertung der Insolvenzmasse legt der Insolvenzverwalter dem Gericht einen Abschlussbericht vor (§ 302 TIG).

Ist der Schuldner eine natürliche Person und gleichzeitig kein Unternehmer, oder ist sein Jahresumsatz 2 Millionen Tschechischen Kronen und hat er weniger als 50 Arbeitnehmer beschäftigt, kann das Gericht einen vereinfachten Konkurs anordnen (§ 314 TIG).

6.3.2. Reorganisation (§ 316 ff. TIG)

Mittels einer Reorganisation kann die Insolvenz oder die drohende Insolvenz des Schuldners, der ein Unternehmer ist, gelöst werden; die Reorganisation betrifft seinen Betrieb.
Die Reorganisation ist für die großen Schuldner-Unternehmer bestimmt, deren Jahresumsatz mindestens 100 Millionen Tschechischen Kronen beträgt oder die mindestens 100 Arbeitnehmer beschäftigen. Gemäß § 316 Abs.3 TIG ist die Reorganisation nicht zulässig, wenn sich die juristische Person in einer Liquidation befindet oder wenn es sich um einen Händler mit Wertpapieren an einer Warenbörse handelt.
Die Reorganisation ist für alle Schuldner-Unternehmer bestimmt, die sich auf dieser Lösungsweise mit den Gläubigern vereinbaren. Unter bestimmten Bedingungen müssen die Schuldner fähig sein, ihre Unternehmertätigkeit fortzusetzen. Der Sinn der Reorganisation beruht darin, dass die Befriedigung mit gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Unternehmens erzielt wird.

6.3.2.1. Reorganisationsplan

Die Reorganisation wird durch gerichtliche Entscheidung eröffnet. Danach steht dem Schuldner das Recht zu, in einer bestimmten Frist einen eigenen Reorganisationsplan auszuarbeiten (§ 339 TIG). Andernfalls haben die Gläubiger das Recht, selbst einen Reorganisationsplan zusammenzustellen. Über den Plan wird auf einer Gläubigerversammlung abgestimmt. Die Gläubiger sind berechtigt, die Erfüllung dieses Plans seitens des Schuldners ständig zu kontrollieren (§ 316 TIG).
Das Insolvenzgericht muss den Reorganisationsplan genehmigen. Das Gericht genehmigt den Reorganisationsplan, wenn dieser zum Beispiel mit dem Gesetz und anderen Vorschriften im Einklang steht und keine unredliche Absicht bezweckt wird (§ 348 TIG).

Falls der Reorganisationsplan genehmigt wird, wird das Unternehmen fortgeführt; dem Schuldner stehen alle Verfügungsrechte über sein Vermögen zu (außer dass diese Rechte das Insolvenzgericht beschränkt hat). Falls die Verfügungsrechte beschränkt werden, übt alle nötige Rechtsgeschäfte der Insolvenzverwalter aus; der Beschränkung kann nur die Pflicht, die Zustimmung seitens des Insolvenzverwalters mit bestimmter Rechtsgeschäfte zu fordern, unterliegen. Der Schuldner ist verpflichtet, alles zu unterlassen, aufgrund dessen er sein Vermögen verkleinern könnte oder wesentlich verändern könnte.

6.3.2.2. Vorbereitete Reorganisation

Das TIG ermöglicht den kleinen Gewerbetreibenden sowie kleinen/mittelständischen Unternehmen (weniger als 100 Arbeitnehmer oder ein Jahresumsatz von weniger als 100 Millionen Tschechische Kronen) ebenfalls, eine ungünstige Lage mittels der Reorganisation zu lösen. Diesen steht nur der Weg der vorbereiteten Reorganisation offen. Falls einem Gewerbetreibenden unmittelbar eine Insolvenz droht oder er bereits insolvent ist, kann er sich vor dem Konkurs nur dann retten, wenn er einen Reorganisationsplan zusammenstellt und dieser mindestens von der Hälfte der gesicherten und ungesicherten Gläubiger genehmigt wird. Dies sollte noch vor der Einreichung des Eröffnungsantrages oder sehr schnell danach geschehen.

6.3.2.3. Vorteile einer Reorganisation

Für die Gläubiger wird die Reorganisation nur dann sinnvoll sein, wenn das Schuldnerunternehmen existenzfähig sein wird, wenn es sich also lohnt, es fortzuführen. In bestimmten Fällen wird es nicht sinnvoll sein, das Unternehmen zu reorganisieren, obwohl der Schuldner dies beantragen wird. Deswegen ermöglichte der Gesetzgeber den Gläubigern auf einer Gläubigerversammlung es abzustimmen, ob die Insolvenz mittels eines Konkurses gelöst wird. Damit werden sinnlose Reorganisationen verhindert.
Eine erfolgreiche Reorganisation wird für den Schuldner eine große Hilfe sein. Während des Reorganisationsverfahrens werden die Kontrollrechte des Schuldners aufrecht erhalten, genauso wie die Verfügungsrechte über sein Vermögen. Die Reorganisation stellt eine günstige Lösungsweise auch für Gläubiger, Aktionäre und die Arbeitnehmer dar.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.


 

Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches

Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - InsolvenzR und Restschuldbefreiung in Europa

Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: März 2009


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosInsolvenzrechtInternational
RechtsinfosBankrechtKapitalanlagerecht
RechtsinfosInsolvenzrechtArbeitsrecht
RechtsinfosInsolvenzrechtVerwalter - Treuhänder