Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG - Teil 28 - Stets unzumutbare Belästigung Teil 1

5.3.2. Stets unzumutbare Belästigungen

Bei § 7 II UWG wird stets eine unzumutbare Belästigung und die damit verbundene Unzulässigkeit der Werbung angenommen. Da in diesen Fällen stets eine unzumutbare Belästigung angenommen wird, ist auch keine Überschreitung einer Bagatellklausel erforderlich, ähnlich wie bei der „Schwarzen Liste“.

Die stets unzumutbaren Belästigungen teilen sich in vier Tatbestände auf:

5.3.2.1. Werbung mit sonstigen Fernkommunikationsmitteln

5.3.2.2. Telefonwerbung

5.3.2.3. Werbung mit automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post

5.3.2.4. Anonyme Werbung

Im Einzelnen:

5.3.2.1. Werbung mit sonstigen Fernkommunikationsmitteln

„Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

1. bei Werbung unter Verwendung eines in den Nummern 2 und 3 nicht aufgeführten, für den Fernabsatz geeigneten Mittels der kommerziellen Kommunikation, durch die ein Verbraucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht“ (Fußnote).

Laut § 312b II BGB sind Fernkommunikationsmittel Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste. Während die Rundfunk, Tele- und Mediendienste ausscheiden, weil bei ihnen keine hartnäckige und unerwünschte Werbung möglich ist, da der Verbraucher jederzeit die Möglichkeit hat diese abzuschalten.

Ein hartnäckiges Ansprechen ist auch ein wiederholtes Ansprechen. Es kann bereits ein zweimaliges Ansprechen genügen.

5.3.2.2. Telefonwerbung

„Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen

2. bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung“ (Fußnote).

Der Begriff der „vorherigen ausdrücklichen“ Einwilligung ist erst durch die Änderung des UWG in 2009 neu eingefügt worden. „Ausdrücklich“ dürfte bewirken, dass eine Erteilung durch AGB ohne aktives Zutun durch Verbraucher nicht mehr ausreicht. Im Ergebnis sollten die opt-in Modelle reichen, die opt-out Modelle oder AGB hingegen nicht.

Zum Begriff der Werbung siehe unter 5.2. Ein Telefonanruf zur Werbung liegt vor, wenn mit dem Angerufenen ein Geschäft abgeschlossen werden soll.

Beispiele:

Ein Immobilienmakler ruft Privatleute an, um sie zum Verkauf von Häusern zu bringen.

Es wird unterschieden zwischen zwei Fällen:

5.3.2.2.1. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern

5.3.2.2.2. Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden und Selbständigen

Im Einzelnen:

5.3.2.2.1. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern

Nach § 7 II Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung von Verbrauchern bei Werbung mit einem Telefonanruf stets anzunehmen.

Es ist für den Angerufenen im Vorfeld nicht immer möglich zu erkennen um welche Art von Anruf es sich handelt. Somit wird eine Belästigung schon dadurch angenommen, dass der Verbraucher Zeit aufwenden muss, um sich mit dem Anrufer auseinander zu setzen. Die ausdrückliche Einwilligung zu einem Werbeanruf muss deshalb bereits vor dem Anruf bestehen. Das nachträgliche Einverständnis oder das billigen des Anrufes ist nicht ausreichend.

Unzulässig ist ein Anruf zur Werbung wenn er

  • unaufgefordert
  • ohne vorherige geschäftliche Beziehung zum Verbraucher
  • in den privaten Bereich
  • um Geschäftsabschlüsse anzubahnen oder vorzubereiten

stattfindet. Es müssen hier alle vier Voraussetzungen gemeinsam vorliegen.

Dies gilt auch, wenn der Anruf vorher angekündigt wurde, oder der Anruf der Vorhersage eines Vertreterbesuches gilt.

Beispiel:

Das Anrufen eines Verbrauchers um ihn zu fragen, ob er sein Auto verkaufen will, ohne dass dieser sein Auto inseriert hat.

5.3.2.2.2. Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden und Selbständigen

Der Unterschied zu Anrufen gegenüber Verbrauchern ist, dass bei sonstigen Marktteilnehmern eine mutmaßliche Einwilligung ausreichend ist.

Eine mutmaßliche Einwilligung liegt vor, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein Einverständnis vermutet werden kann. Solche Umstände können sich aus einer bestehenden Geschäftsverbindung oder bei Branchenüblichkeit ergeben. Dabei muss der Angerufene nicht nur mit dem Inhalt der Werbung sondern auch mit der Art, hier der Telefonanruf, mutmaßlich einverstanden sein.

Beispiel:

Ein mutmaßliches Interesse liegt nicht vor, wenn ein kostenloser Eintrag des Unternehmers in einer Suchmaschine vorliegt und ihn jemand anruft um ihm ein Angebot für einen kostenpflichtigen Eintrag zu unterbreiten.

Ein mutmaßliches Interesse liegt jedoch vor, wenn ein Unternehmer in einem Telefonbuch eingetragen ist und ihm ein Angebot für einen kostenfreien Antrag unterbreitet wird.

Beispiel:

Eine mutmaßliche Einwilligung gewerbliche Anfragen zu empfangen liegt nicht vor, wenn ein Unternehmen seine E-Mail Adresse auf der Homepage angibt.

Der Anrufer trägt das Risiko, dass eine mutmaßliche Einwilligung nicht vorliegt.

Einen besonderen Tatbestand unzulässiger Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden stellt das Abwerben von Mitarbeitern durch Telefonanrufe am Arbeitsplatz dar. Siehe dazu unter 4.2.4.5.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Wettbewerbsrecht - Einführung ins Recht des unlauteren Wettbewerbs - UWG" von Harald Brennecke und Florin Brückner, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-12-0.


 

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Stand: November 2009


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren und wehrt unberechtigte Abmahnungen ab. Er verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.
Er prüft Werbeauftritte und Werbemaßnahmen wie Internetseiten, Onlineshops, Firmenauftritte, Prospekte und AGB auf wettbewerbswidrige Inhalte zur Vermeidung von Abmahnrisiken. 
Rechtsanwalt Brennecke berät Unternehmer beim Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten.  Er ist im Bereich der UWG-Straftaten als Srafverteidiger und bei der Ermittlung und Dokumentation von Straftaten und der Erstellung von Strafanzeigen tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.

Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:

  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
  • "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
  • "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9

Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema

  • Recht im Marketing

 Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. 
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
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